(Bild: s-ge.com)

Während in Korea in den 1960er Jahren das Gesundheitssystem sehr schlecht bis gar nicht vorhanden war, ist es heute, nur 60 Jahre später, sehr rasant verbessert worden und eines der besten der Welt. Wie war diese Entwicklung möglich? Welche Konsequenzen hatte dies zufolge? Welche aktuellen Probleme gibt es?

Die Entwicklung: 

Die Entwicklung des südkoreanischen Gesundheitssystems baute sich in 3 Phasen in den letzten Jahren auf.

In der Choson-Dynastie war das Gesundheitssystem sehr von der chinesischen Medizin beeinflusst. Krankheiten wurden mit Kräutern, Salben und Tinkturen behandelt. Auch wenn die Ärzte wichtig waren, standen sie in der Hierarchie nicht an erster Stelle. Nachdem sich Korea dem Westen im 19. Jahrhundert öffnete, gelangte auch immer mehr die westliche Medizin anklang. Besonders verbreitete sich die westliche Medizin durch die Missionare und durch die japanischen Militärärzte. Ganz konnte die westliche Versorgung die alte jedoch nicht ablösen. So existierten beide nebeneinander. Da aber die Menschen in dörflichen Regionen keinen Zugang zu der westlichen Medizin hatten, spielte dort weiterhin die traditionelle koreanische Medizin eine größere Rolle.

In der 2. Phase änderte sich das im Jahr 1910, zu Beginn der japanischen Kolonialherrschaft. So plante und organisierte nun der Staat das Gesundheitswesen. Davon profitierte besonders die westliche Medizin, die immer bedeutender wurde, welche dadurch die koreanische Medizin immer weiter an den Rand drückte. An Universitäten konnten so keine Koreaner mehr Medizin studieren und die Studiengänge waren nur noch mit Japanern belegt. Die Polizei erhielt den Auftrag, sich um die Gesundheitserziehung der Bevölkerung zu kümmern. Dennoch auch weit aus kleiner und geheim gehalten blieb für viele auch weiterhin die traditionelle Versorgung wichtig. 1930 erlangte sie so wieder einen großen Boom.

In der 3. Phase änderte sich erneut das Gesundheitssystem. Nach dem 2. Weltkrieg kam der Einfluss der USA hinzu. Der Staat trat, was die Gesundheitsversorgung anging, zurück und überlies sie bis 1970 dem freien Markt. Die Westliche und Traditionelle wurden wieder gleichgestellt. Auch wenn die medizinische Versorgung immer größer wurde, konnten sich viele, vor allem auf dörflichen Gegenden, nicht die Behandlungen leisten. 1970 entschied sich der Staat jedoch wieder dazu, das Gesundheitswesen in die Hand zu nehmen. Eine Krankenversicherung wurde eingeführt, medizinische Programme für Hilfsbedürftige wurden ausgebaut und die Leistungen der Krankenversicherungen wurden immer weiter erweitert.

 

Das Gesundheitssystem in der Choson-Dynastie

Bevor die westliche Medizin in Korea ankam, wurde die koreanische Medizin (한의학) stark von China beeinflusst. Während der Choson-Dynastie war nur den Personen am Königshof medizinische Versorgung vorbehalten, jedoch verbreitete sie sich mit den Jahren immer weiter in der normalen Bevölkerung. In der Mitte der Choson-Dynastie hatten sich Dorfgemeinschaften zu Arzneivereinigungen zusammengeschlossen, um die medizinische Versorgung zu organisieren und finanzieren zu können, wodurch ein engmaschiges Netz von Apotheken zustande kam, wodurch jedem chinesische Arzneimittel bzw. medizinische Einrichtungen zur Verfügung standen. Trotz des niedrigen Rangs der Ärzte in der Hierarchie, die dem von handwerklichen Berufen gleich kam, mussten sie eine Staatsprüfung bestehen. Die westliche Medizin verbreitete sich in Korea durch die christliche Missionare, nachdem es einem Missionsarzt namens Allen gelungen war, während des Gapsin-Putsches die schwer verletzten Angehörigen der Königsfamilie das Leben zu retten. So gewann die westliche Medizin das Vertrauen des Hofes, wodurch sie die Genehmigung und auch die Unterstützung vom König Kojong 1885 erhielt, Dadurch entstand das erste westliche Missionskrankenhaus, wo allerdings auch die traditionelle koreanische Medizin angewandt wurde. Allen wurde als Dank für seine Heldentat zum Hofarzt ernannt. Neben den Missionaren verbreiteten 1879 auch Ärzte aus dem japanischen Militär, die ins Land kamen, immer weiter die westlichen Praktiken. 1891 wurde das medizinische Staatsexamen abgeschafft und 1899 die erste öffentliche Medizinschule eröffnet. Ab 1900 wurde für die Ärzte-Prüflinge ein neues Prüfungszulassungsverfahren geschaffen, wo für westlichen und die traditionellen praktizierenden Ärzte keinen Unterschied gemacht wurde. Was bei den traditionell praktizierenden Ärzten auf Unmut stoß und sie ihre eigenen Medizinschulen eröffneten.

 

Das Gesundheitssystem während der Kolonialzeit 

Krankheiten und Seuchen verbreiteten sich immer mehr und gefährdeten die Ordnung im Land. Zufolge dessen verfolgte der Staat den Ausbau des Gesundheitssystems und baute mehr Krankenhäuser. Das Kolonialregime verfolgte hierbei hauptsächlich den Ausbau westlicher Medizin. Zu Anfang der japanischen Kolonialherrschaft 1910 gab es in Korea nur 20 kleine private Kliniken, die sich am Westen orientierten. Wodurch die Gesundheitsversorgung überwiegend von koreanisch traditionell praktizierenden Ärzten übernommen wurde. Jedoch wurden die von der japanischen Regierung als unwissenschaftlich und ineffektiv betrachtet. 1913 wurde im Gesetz das Berufsbild der Mediziner neu festgehalten. Auch der Rang der Ärzte änderte sich. Die traditionellen Ärzte wurden auf den Rang eines Medizinassistenten eigestuft und verloren so ihren Status als Gesundheitsexperten, während die westlich praktizierenden Ärzte aufstiegen, wodurch westliche Methoden an Wichtigkeit gewannen. Die Gesundheitsversorgung, die Genehmigung neuer Krankenhäuser und Ärzte waren nun unter Kontrolle des Staats.

Innerhalb der Polizei wurde eine Abteilung eingerichtet, die sich um die Umsetzung der Gesundheitspolitik kümmern sollte. Zu ihren Aufgaben gehörten Seuchenprävention und das Zerschlagen von Widerstand. Jeder Fall von ansteckenden Krankheiten wie Cholera, Pocken oder Diphtherie musste sofort der Polizei gemeldet werden. Dies führte zu Impfungen, Gesundheitserziehung in den Schulen und das zweimalige im Jahr Kontrollieren der Wohnungen in der Bevölkerung. In jeder Provinz wurden Labore gebaut, die auf die gesundheitliche Überwachung von Nahrung und Wasser achten sollten. Wurden aus anderen Ländern oder Regionen ansteckende Krankheiten bekannt, wurden von der Kolonialbehörde die Quarantäne ausgerufen. Es wurden die Verkehrsstraßen kontrolliert, die Dörfer desinfiziert und Verdachtsfälle wurden unter Isolation gestellt. Diese ganzen Maßnahmen betrafen aber nur die koreanische Bevölkerung, die eingewanderten Japaner kamen damit nicht in Berührung.

Da die koreanische Bevölkerung den Verbreitungsweg von Krankheiten nicht kannten, leisteten sie gegen die Impfungen und Quarantäne immensen Widerstand. Wodurch das Misstrauen zur Polizei immer weiter anstieg. Viele sahen die Maßnahmen als Ursache der ganzen Krankheiten. Das Trennen von Familien und das Verbrennen von erkrankten Opfern stand auch massiv gegen ihre Traditionen und ihre Religion.

Zwischen 1915 und 1940  stiegen die Zahlen von Ärzten von 100.000 auf mehr als das Doppelte. Obwohl die Zahlen der Versorgung stiegen, änderte das jedoch nichts an der Situation in den ländlichen Gegenden. Es änderte sich nur sehr wenig, was die Ausschließung der Leute von der Gesundheitsversorgung zu Folge hatte.

1920 wurde der freie Zugang zur ambulanten medizinischen Versorgung eingeschränkt, sodass nur noch Menschen die offiziell an der Armutsgrenze lebten Zugang zu dieser erhielten. Dies nutzte so gut wie keiner, nur rund 1000 Erkrankte nutzten das Angebot. Deshalb wurde die staatliche Gesundheitsversorgung als gescheitert betrachtet. So konnten sich die Traditionell-Praktizierenden immer mehr an Wichtigkeit erkämpfen, da die sich auch weit besser als die westlichen der Bevölkerung nähern konnten, da sie nicht als Feindbild angesehen wurden.

 

Die Privatisierung des Gesundheitssystems 

Am Ende der japanischen Kolonialherrschaft 1948 wurden alle Gesundheitsverfahren, wie das Durchführen von Statistik, Planung des medizinischen Bedarfs, hygienische Erziehung usw. von anderen Ministerien abgespalten, und es entstand das Gesundheitsministerium. Anders als zu Zeiten der japanischen Kolonialzeit sah sich der Staat nicht mehr in der Verantwortung und zog sich letztendlich raus. Durch das Rausziehen des Staates wurde die Finanzierung drastisch reduziert, was zur Folge hatte, das vielen öffentlichen Krankenhäusern und anderen Einrichtungen kaum noch Mittel zur Verfügung standen, um ihren Betrieb aufrecht erhalten zu können. Gemeinnützige private Organisationen kümmerten sich nun um den Ausbau der Krankenversorgung. Profitabel was dies jedoch nicht, da noch immer nicht viele sich eine Versorgung leisten konnten, solange Gebühren verlangt wurden. Noch heute ist das Gesundheitssystem überwiegend in privater Hand. Ein weiterer wichtiger Einfluss war das Einführen von Fachärzten. Bis Ende der Kolonialherrschaft bestand die 4-jährige Ausbildung nur zum Allgemeinmediziner. Nachdem 1946 die Fachärzte eingeführt wurden, verlängerte sich das Studium um weitere 2 Jahre, um diese als Spezialisierung zu nutzen. Der Bedarf an spezialisierten Ärzten war  gering, da im Alltag vor allem Infektionskrankheiten existierten, was zur Folge hatte, dass die Fachärzte gezwungen waren als Allgemeinmediziner zu praktizieren.

Eine weitere Entwicklung des Gesundheitssystems war 1977 mit dem Aufbau der National Health Insurance, wodurch der Staat das Gesundheitswesen wieder in die Hand nahm. Der President Park Chun-hee führte unter seiner Macht eine neue Krankenversicherung ein, die wie wir es kennen, zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert wurde. Der Staat übernahm die Verwaltungskosten, was sich zuerst nur auf die Arbeiter in großen Firmen beschränkte, dies wurde mit den Jahren aber immer weiter ausgedehnt. Darüber hinaus wurde das medical aid program geplant, was ein spezielles Gesundheitsförderprogramm für sozial schwache und Bauern ausgelegt war und ausschließlich vom Staat finanziert wurde. Die Krankenversicherung hatte keinen großen Umfang an Leistungen und so blieb der große Teil der Finanzierung weiterhin in privaten Händen.

Durch das Interviren des Staates expandierte das Gesundheitssystem in kürzester Zeit, die Anzahl der Ärzte verdreifachte sich und vorhandene Krankenhäuser und Arztpraxen stiegen um das Dreifache.

 

Südkorea hat in den vergangen Jahrzehnten einen enormen Sprung in Sache Gesundheitssystem gemacht und kann mit Ausstattung, Gesundheitseinrichtungen, Fachliche, Personal und Qualität mit Deutschland oder den USA mithalten. Dennoch hat das System eine Schattenseite dadurch, das die Krankenversicherung nur einen sehr kleinen Teil der Kosten übernimmt. So müssen finanziell schwache Patienten oft die hohen Kosten selber tragen. Die durch den Saat festgelegten Behandlungsgebühren sorgen dafür, dass die Ärzte ihre Behandlungszeiten sehr gekürzt haben und Patienten schnellstmöglich wie am Fließband behandeln. Bisher wurden auch noch keine Qualitätskontrollen oder Mindeststandards bei gewissen Behandlungsmethoden ausgearbeitet.

 

Gesundheitsversorgung auf dem Land

Auch heute gibt es sogenannte Landärzte, diese sind  jedoch sehr unzureichend, denn auf  auf 1000 Bewohner kommen gerade mal 17 Ärzte. Um dieses Problem zu lösen hat die Regierung beschlossen, das angehende Ärzte einen 2-jährigen Wehrdienst auf dem Land absolvieren müssen.

By Elli

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.